Autor
Jürgen Linsenmaier | Nachhaltigkeitsberatung
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Es ist Zeit, eine neue systemische Kultur der Nachhaltigkeit zu etablieren
Vor einigen Tagen habe ich hier die Frage gestellt, wem eigentlich Dein Unternehmen gehört. „Mir“, wirst Du sofort sagen. Und das stimmt im Grunde auch. Dein Unternehmen ist Dein Eigentum. Dieses Eigentum kann 100 Prozent betragen oder nur einen Anteil an einer Gesellschaft. Du hast formal Eigentum und Eigentumsrechte an „Deinem“ Unternehmen.
Nun unterscheidet unsere Rechtsprechung allerdings nach Eigentum und Besitz. So kann beispielsweise ein Mieter mit Fug und Recht behaupten, er führe nach einer Geschäftsreise nun zurück in „seine“ Wohnung. Die gehört formal zwar dem Vermieter (Eigentümer), aber der Mieter kann die Wohnung jederzeit uneingeschränkt nutzen, sie nach seinem Gusto einrichten, Gäste einladen und sogar kleine bauliche Veränderungen vornehmen. Er ist für die Dauer des Mitverhältnisses der Besitzer der Wohnung.
Und nun stellt sich die Frage: Bist Du Eigentümer oder Besitzer Deines Unternehmens? Denn mal ehrlich, so richtig frei verfügen kannst Du über Dein Eigentum nicht. Der Staat knappst Dir mehr als 50 Prozent Deines Einkommens (Ertrag aus Deinem Eigentum) ab. Zudem macht er Dir Auflagen in Form behördlicher Anordnungen, Einschränkungen und Vorgaben. Deine Kunden bestimmen (mit), in welchem Umfang Du Leistungen erbringst.
Deine Leistungsgrenzen werden von externen Verfügbarkeiten, Mitarbeitern und deren Befindlichkeiten beeinflusst. Und zu guter Letzt entscheidet von anderen entwickelte Software über Deine Prozesse und Arbeitsabläufe.
Dein Eigentum steht Dir also nur begrenzt zur Nutzung zur Verfügung. Anders als eine alte Jacke, kannst Du Dein Unternehmen weder einfach entsorgen noch es nach Belieben umgestalten. Du brauchst immer Genehmigungen oder die Mitwirkung anderer.
Dein Unternehmen ist also eingebunden in ein System. Dem bist Du freilich nicht ausgeliefert. Du kannst es beeinflussen, gestalten, optimieren. Du kannst es auch ganz verlassen oder übertragen. Aber Du brauchst eben immer die Zustimmung anderer oder eine formale Erlaubnis dafür. Du bist gleichermaßen Subjekt und Objekt des Handelns, obwohl, oder gerade weil, Du der Eigentümer bist. Hier gilt der Satz „Eigentum verpflichtet“.
Du bist verpflichtet – permanent, anderen gegenüber und Dir selbst gegenüber. Im letzteren Fall, bei der Verpflichtung Dir selbst gegenüber, gibt es ein anderes Wort: Verantwortung. Die hast Du für Dein System und Deinen eigenen Erfolg, der sich, wie beschrieben, eben nur in einem Gestaltungsrahmen abspielen kann.
Hier schließt sich der Kreis zu meinem Thema Nachhaltigkeit. Denn zum System gehören auch die Themen Umwelt, soziale Verantwortung, Umgang mit Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten, die Prinzipien des ehrbaren Kaufmanns. Nur wer diese einhält, wird seiner Verantwortung gerecht und bekommt, wenn es gut läuft, auch die entsprechende Anerkennung.
Und das bringt mich zur nächsten Frage: Wenn ich eh nicht machen kann, was ich will, warum nutze ich dann nicht meinen systemischen Einfluss für etwas sinnvoll Nachhaltiges? Gewinn allein ist nicht Sinn und Zweck eines Unternehmens. Gewinn ist nur das Ergebnis sinnvollen Handelns. Mehr sinnvolles Handeln führt demzufolge zu mehr Gewinn.
Mehr Nutzen, mehr Sinn, mehr Wirkung hilft, den Gewinn zu steigern. Je mehr ich mein System pflege, desto bessere Erfolgs- und Gewinnaussichten habe ich auch. Das nennt man dann Nachhaltigkeit. Eine Kultur der Nachhaltigkeit.
Die Frage „zwischen den Jahren“ sollte also lauten, was ich tun kann, um mein System zu verbessern. Was kann ich beitragen? Wo kann ich anderen einen Mehrwert bieten? Und das eben nicht aus Altruismus, sondern aus egoistischen Motiven. Mehr Wert für andere, die Umwelt und das eigene unternehmerische Umfeld führen nachhaltig zu mehr Ertrag bei mir.
Ein Mehrwert muss dabei nicht zwangsläufig im Mehr bestehen. Auch weniger kann mehr sein. Reduktion ist eine Chance: weniger Stress, weniger Produkte, weniger Belastung des Systems, ökologisch und sozial, auch hinsichtlich der Belastung der eigenen Person und der Mitarbeiter. Immer mehr macht Dinge oder Leistungen nicht wertvoller, sondern nur immer beliebiger.
Es lohnt sich, die Tage „zwischen den Jahren“ nicht nur für einfache gute Vorsätze zu nutzen, sondern sich systemische Gedanken über die eigene (unternehmerische) Zukunft zu machen und dabei das Thema Nachhaltigkeit sehr weit zu denken. Vielleicht braucht es eine neue Kultur, eine Kultur des systemischen Denkens. Eine Kultur der Nachhaltigkeit.
Denn Eigentum hat eben Grenzen. Wir sind in weiten Teilen nur Besitzer. Das gilt auch für unsere Erde und deren Ressourcen. Wie heißt es so schön: Wir haben die Erde von unseren Kindern und Enkeln nur geliehen. Da ist viel Wahres dran. Aber als Besitzer haben wir immerhin eines: die Kraft und die Möglichkeit der Gestaltung. Von der sollten wir dringend Gebrauch machen.
#nachhaltigkeitjetzt – Eine Kultur der Nachhaltigkeit
Der Good-Practice Weg